Aug 2, 2022 | Privates Baurecht

Sicherungsabreden im Bauvertrag

Kommentiert von Rechtsanwalt Finn Streich

Was ist eine Sicherungsabrede?

In Bauverträgen, vor allem wenn es um größere Volumen geht, ist es üblich, dass der Auftragnehmer eine Sicherheit für die Erfüllung der von ihm eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen zu erbringen hat. Üblich ist es auch, dass der Auftraggeber eine Sicherheit für die von ihm eingegangenen Zahlungsverpflichtungen zugunsten des Auftragnehmers leistet.

Unterliegen derartige Sicherungsabreden der gerichtlichen Kontrolle?

Eine gerichtliche Kontrolle greift dann ein, wenn derartige Sicherungsabreden in formularmäßig formulierten Bauverträgen vereinbart werden. Diese werden üblicherweise von Seiten des Auftraggebers gestellt und gelten damit rechtlich gesehen als dessen Allgemeine Geschäftsbedingungen. Allgemeine Geschäftsbedingungen werden von den Gerichten im Hinblick auf ihre Transparenz und insbesondere die Frage, ob der Auftragnehmer nicht unangemessen benachteiligt wird, überprüft.

Welche Formen von Sicherungsabreden werden von Auftragnehmern gefordert?

Es sind verschiedene Möglichkeiten denkbar. Häufig anzutreffen ist das Modell, bei dem der Auftraggeber von jeder Abschlagszahlung 5% bis zum Zeitpunkt der Schlussabnahme einbehalten darf. Dann erst wird dieser Sicherungseinbehalt fällig. Ein Auftragnehmer kann jedoch auch zum Beispiel eine Bankbürgschaft stellen oder eine Bürgschaft einer sonstigen Person. Eine bestimmte Form der Sicherheit ist gesetzlich nicht vorgesehen.

Gibt es für die Sicherungsabrede eine Obergrenze?

Nach der Rechtsprechung des BGH sind Sicherungsabreden dann nicht zu beanstanden, wenn die Vertragserfüllungssicherheit auf 10% der Auftragssumme beschränkt ist.
Hier ist zunächst klarzustellen, was die Auftragssumme ist. Wird hierunter die Schlussrechnungssumme oder die ursprüngliche Auftragssumme verstanden? Um dem Transparenz – Erfordernis zu genügen, muss klar definiert werden, was als Auftragssumme vereinbart wird.

Was gilt, wenn beides (Einbehalt und Bürgschaft) über 10% vereinbart ist?

Die Antwort der Rechtsprechung hierauf fällt sehr eindeutig aus: Derartige Sicherungsklauseln sind insgesamt unwirksam mit der Folge, dass dem Auftraggeber keine Sicherheit zusteht. Auch wenn die Forderung zur Stellung einer Vertragserfüllungssicherheit über 10% wie auch der Einbehalt von 5% von jeder Abschlagszahlung für sich genommen zulässig sind, ergibt sich aus der Gesamtwirkung beider Klauseln, dass der Auftragnehmer in unangemessener Weise benachteiligt wurde, da insgesamt ein unangemessen hohes Sicherheitsvolumen von 15% vereinbart wurde

Autor: Finn Streich

Rechtsanwalt und Partner

Privates Baurecht

Soforthilfe vom Rechtsanwalt

Möchten Sie mit einem Anwalt sprechen und sich über Ihre Möglichkeiten informieren oder brauchen Sie eine schnelle rechtliche Beratung? Dann rufen Sie an oder kontaktieren Sie uns an.

Insolvenz Bauträger

Die Bau- und Immobilienwirtschaft in der Krise Das Wichtigste kurz und knapp vorab Der Insolvenzantrag kann von jedem Baubeteiigten gestellt werden, wenn konkrete Fakten für eine Zahlungsunfähigkeit vorliegen Eine offene Kommunikation zwischen den Vertragspartnern ist...

Baufirma insolvent

So müssen Bauherren jetzt vorgehen! Nahezu täglich erhalten wir Anfragen von besorgten Bauherren, die kurz vor oder während ihrer Bauphase von der plötzlichen Insolvenz Ihrer Baufirma betroffen sind. In diesem Beitrag möchten wir konkret auf diese neue Situation der...

Die häufigsten Baumängel

Wichtige Fakten vorab Baumängel sind Abweichungen vom vertraglich vereinbarten und geschuldeten Soll-Zustand Kaum ein Neubau wird mangelfrei hergestellt Man unterscheidet wesentliche und unwesentliche Baumängel bei der Geltendmachung von Ansprüchen versteckte...

Widerrufsbelehrung Handwerk

Das passiert, wenn Handwerker ohne Widerrufsbelehrung oder zu schnell mit der Arbeit beginnen Kurz und knapp das Wichtigste vorab eine Widerrufsbelehrung ist nur bei Verbrauchern als Kunden relevant, bei Gewerbekunden gilt kein Widerufsrecht nur, wenn der Auftrag...

Bauüberwachung

Objektüberwachung, Bauüberwachung, Bauleitung, Bauoberleitung - Begriffe, die alle dasselbe meinen? Auf Baustellen gibt es ein oberstes Gebot: Mängel gilt es zu vermeiden. Wo Menschen Arbeiten ausführen, da passieren Fehler. Dies soll möglichst vermieden werden und...

Bauvertrag notarielle Beurkundung

Muss der Bauvertrag notariell beurkundet werden? Bauvertrag notarielle Beurkundung: Grundsätzlich unterliegen lediglich Kaufverträge über Immobilien und Grundstücke der Pflicht, nach § 311 b BGB notariell beurkundet zu werden. Auch der Bauträgervertrag, mit dem sich...

Hausbau, Trennung & Scheidung

Liebe, Hausbau und Trennung Die Vorfreude auf das Eigenheim ist groß, doch dann folgt die Ernüchterung: ein Hausbau kann neben der enormen finanziellen Herausforderung auch eine Belastungsprobe für eine Beziehung darstellen. Was ist zu tun, wenn die Beziehung dem...

Insolvenz Baufirma

Der Dienstleistungsnehmer und Bauherr ist auf die Leistungsfähigkeit der beauftragten Baufirma zwecks Umsetzung des Bauvorhabens angewiesen. Was aber, wenn das Bauunternehmen während des Vertragsverhältnisses leistungsunfähig wird und das Bauvorhaben ins Stocken...

Videoüberwachung

Ist Videoüberwachung auf dem eigenen Grundstück erlaubt? Auf öffentlichen Plätzen sieht man immer wieder Überwachungskameras. Oftmals kann man dabei aber einmal einschätzen, ob die installierten Kameras funktionsfähig sind. Nicht alle Überwachungskameras blinken oder...

Bauverzug

Handlungsempfehlungen für Bauherren und Bauunternehmer Eine Übersicht von Rechtsanwalt Finn Streich Dieser Beitrag befasst sich mit einem der häufigsten Probleme auf Baustellen: Dem Bauverzug. Wir zeigen typische Ursachen auf, bieten wertvolle Tipps zur Vermeidung und...
error: Content ist geschützt!!